Donnerstag, 10. Oktober 2013

Sleeptimer

00:16 Uhr – Aller guten Dinge sind drei. Das heißt, ich hab den Timer an der Glotze zum dritten Mal verlängert. Und ihr Inhalt erbricht sich auf mich. Ohne ein solides Grundgequassel kann ich nicht einschlafen. Konnte ich noch nie. Einst waren es die monotonen Unterrichtsstunden, die mich am Wachbleiben hinderten. Heute ist es zumeist der mediale Eintopf, der mich in meinen Schlaf wiegt. Meine Holde tickt anders. Fernseher an – und weg ist sie. Unsereins braucht etwas länger. Wie bei so vielem.  

Der Flackerschirm kotzt weiter, und ich versuche mich in den Schlaf zu lümmeln. Das ist nicht ganz einfach. Ich beanspruche die Creme de la Creme der Eindruselsoße. DMAX ist oft zu interessant, wenn Monsterfische gejagt, Garagen zu Gold, Autos und Bikes restauriert und Alltagsgegenstände in die Luft gejagt werden. Auf Talkshows kann ich auch nicht. Dummes Geschwätz regt auf und hält wach. Kluge Worte aber auch. Mein Favorit in Sachen: „Wie drifte ich perfekt ins Schlummerland ab“ ist Super RTL. Da läuft zur späten Stunde die Dauerwerbeschiene von „Shop 24 Direkt“. Perfekt. Daumen hoch.
Ob nun „Blue Velvet“ von Bobby Vinton aus dem Jahre 1963 oder „House Of The Rising Sun“ von The Animals, diese Songs, die es da auf die Ohren gibt, lassen einen herrlich auf der Autobahn in Richtung „Tiki Taka Trullaland“ beschleunigen. Was muss das damals für eine geile Zeit gewesen sein? Der total „normale“ Alltagswahnsinn von heute war offenbar nicht existent. Das rede ich mir jedenfalls ein. Keine Handys, kein Internet, kein Firlefanz, kein Pipapo. Was würde ich für nur einmal Woodstock geben? Hendrix, Joe Cocker, Richie Havens – handgemachte und mit Herz gelebte Musik. Echt und einfach und sehr charmant.
Heute scheint mir das anders zu sein: Hits, Trends, Mode … alles kommt, geht, wird vergessen. Als hätte nichts mehr Bestand. Die technischen Errungenschaften, die alles vereinfachen sollen, ketten uns an. Damals, als Lausbub, bin ich in den Ferien früh los und spät heim. Keiner musste sich um mich sorgen. Heute gibt es Handys. Erreiche ich meine Lütte nicht, geht das Kopfkino an. Ich werde zur Geisel des Fortschritts. Bleibt nur die Flucht in eine verträumte, vergangene Zeit. Oder nicht? Was weiß ich? „Sweet Dreams“ und Gute Nacht.

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