In den Siebzigern geboren. Verdammter Mist. Bin ich etwa ALT?
Offensichtlich. Es fühlt sich aber nicht danach an. Meistens zumindest.
Natürlich gibt es Tage, da spüre ich jeden Knochen in mir. Das liegt
dann aber eher an den nichtalltäglichen Tätigkeiten, wie das Vollziehen
von Umzügen, ungeliebten Auf- und Umräumaktionen oder sportlichen
Aktivitäten mit den Kumpels. Der alten Zeiten wegen. Leider viel zu
seltenen. Und daher immer mit Schmerzen verbunden.
Niemand kann leugnen, dass die Zeit an Einem einfach so vorbei zieht.
Auch der Alkohol scheint heutzutage spürbar mehr als zu meinen Sturm-
und Drangzeiten seine Wirkung zu entfalten. Mitunter ist das aber auch
ein Zeichen mangelnden Trainings. Vielleicht geht das auch mit der sich
immer weiter entwickelnden Vernunft einher. Oh Gott … ich bin wirklich
alt. Floskeln, wie diese kannte ich früher nicht.
Ich habe kapiert, dass sich die Zeit in so vielen Dingen
widerspiegelt und es ist mir klar geworden, dass nichts für ewig wehrt.
Mein Töchterchen zum Beispiel. Sie wird bald 11 Jahre alt. ELF JAHRE
ALT. Das scheint mir ein anderes “elf Jahre alt” zu sein als zu meiner
Zeit. Überhaupt sah ich in ihrem Alter eine Menge Dinge mit anderen
Augen. Mehr mit Kinderaugen. Jetzt könnte man mir mit der Pubertären
Weiterentwicklungskeule von Mädels gegenüber gleichaltrigen Buben
kommen. Aber nein. Ich kann mich noch gut an meine Mädels in der fünften
Klasse erinnern. Die waren allesamt anders. Das soll nicht bedeuten,
dass ich nicht gutheiße, wie sich mein Kind entwickelt. Nein. Aber warum
lässt sie sich nicht noch etwas Zeit damit? Also mit dem
Erwachsenwerden.
“Es ist einfach eine andere Zeit gewesen”, hat mir unlängst ein
Kumpel im Gespräch über den Wandel der Generationen an die Birne
geknallt. Der mediale Einfluss war anders. Klaro. Wir hatten einen
medialen Einfluss einfach nicht oder so gut wie gar nicht. Kein
Markenbewusstsein. Ich kannte kein Adidas, Fruit of the Loom oder Nike.
Wobei, doch … wir nannten die Shirts allesamt Nicki. Aber das hat wohl
wenig bis gar nichts mit Nike zu tun. Egal. Was ich damit sagen will,
dass sich so viele Dinge seither verändert haben. Und viele Dinge zum
Nachteil, wie ich finde.
Früher war es eine echte Strafe für uns Lütten Stubenarrest erteilt
zu bekommen. Heute musst du die Kids vor die Tür jagen, damit sie ein
bisschen Farbe abkriegen. Heute ziehen Verbote von TV, Pc und Smartphone
mehr denn je. Apropos Smartphones. Hatten wir auch nicht. Wir sind früh
raus und spät wieder rein. Heute hat jeder so ein Smartphone. Jeder
Zeit erreichbar. Volle Kontrolle. Und wenn mal nicht. Ja dann ist die
Hölle los. Warum bist du nicht an dein Handy gegangen. Ich bin vor Sorge
fast gestorben. Ein hausgemachtes Problem – ich weiß. Aber eben auch
eine Quittung der sich immer ändernden Zeit. Kannst deinem Kind ja nicht
verwehren, was andere Kinder und du selber auch machst.
Zum Glück sind da aber auch noch die Momente, wo sich meine Lütte
ihrem Alter entsprechend wie eine Elfjährige verhält. Die kindliche
Vorfreude auf bevorstehende Geburtstage. Der Wunsch nach Spielsachen.
Ich staune dann zumeist, wie sie von einer Sekunde auf die andere von
der frühfraulichen Person mit Lippenstift und Nagellack wieder zu meiner
kleinen Püppi wandelt. Ich weiß aber auch, dass diese Momente immer
mehr verschwinden werden. Wir werden nun mal alle älter.